Viele Studierende und Auswandernde aus EU-Ländern kommen nach Österreich und gehen zunächst davon aus, dass ihre Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) für alle medizinischen Fälle automatisch genügt. Doch so einfach ist es nicht. Hier erklären wir, wann die EU-Versicherung tatsächlich gilt, wo die Grenzen liegen und wie Sie richtig vorgehen, wenn Sie länger in Österreich bleiben.
Was deckt die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) ab?
Die EHIC ist für vorübergehende Aufenthalte gedacht, zum Beispiel:
- Urlaub oder Kurzaufenthalt
- Geschäftsreise oder Praktikum
- ein Auslandssemester
In diesen Fällen haben Sie Anspruch auf alle medizinisch notwendigen Leistungen, die während des Aufenthalts anfallen und nicht bis zur Rückkehr aufgeschoben werden können. Dazu gehören etwa akute Erkrankungen, Unfallversorgung oder auch fortlaufende Behandlungen bei chronischen Krankheiten.
Nicht gedeckt sind:
- geplante Behandlungen (z. B. Operationen, Routineuntersuchungen, Zahnarzt ohne akute Beschwerden)
- private Gesundheitsleistungen
- eine dauerhafte Nutzung der österreichischen Gesundheitsversorgung
Ausführliche Informationen finden Sie auf der offiziellen EU-Seite: Europäische Krankenversicherungskarte – unvorhergesehene medizinische Versorgung
Wo liegt die Grenze? Lebensmittelpunkt statt „vorübergehender Aufenthalt“
Sobald Sie Ihren Lebensmittelpunkt nach Österreich verlagern – etwa für ein mehrjähriges Studium oder eine feste Beschäftigung – reicht die EHIC nicht mehr aus.
Österreichisches Recht (ASVG § 16) stellt klar: Bei Studierenden kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt an, also darauf, wo Sie tatsächlich leben und Ihre sozialen Bindungen haben.
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) betont ausdrücklich:
„Ihr gewöhnlicher Aufenthalt, sprich Ihr Lebensmittelpunkt, liegt in Österreich … Der Hauptwohnsitz ist nicht maßgebend.“
(Quelle: ÖGK – Selbstversicherung für Studierende)
Was tun, wenn Sie länger in Österreich bleiben?
Wenn Ihr Aufenthalt mehr als nur „vorübergehend“ ist, gibt es zwei praktische Wege:
Eintragung über das Formular S1
- Beantragen Sie bei Ihrer heimischen Krankenkasse ein S1-Formular.
- Mit diesem melden Sie sich bei der ÖGK.
- Ergebnis: Sie sind in Österreich wie ein:e regulär Versicherte:r abgesichert und behalten gleichzeitig Ihre heimische Krankenversicherung.
Selbstversicherung für Studierende bei der ÖGK
- Möglich für Studierende mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich.
- Studententarif (Stand 2025: 73,48 € pro Monat).
- Voller Zugang zu allen Leistungen des österreichischen Gesundheitssystems.
Fazit: EU-Versicherung = Ja, aber nur vorübergehend
Die EHIC ist eine wertvolle Absicherung – aber eben nur für kurzfristige Aufenthalte und für medizinisch notwendige Leistungen.
Sobald Ihr Lebensmittelpunkt in Österreich liegt (z. B. durch ein mehrjähriges Studium oder einen dauerhaften Aufenthalt), müssen Sie sich bei der ÖGK eintragen lassen – entweder über das S1-Formular oder die Studierenden-Selbstversicherung.
So vermeiden Sie böse Überraschungen beim Arztbesuch und stellen sicher, dass Sie in Österreich vollständig abgesichert sind.
Was das für den Besuch bei uns bedeutet
Wir erleben häufig, dass Patient:innen mit der Europäischen Krankenversicherungskarte oder mit Unterlagen aus dem Heimatland zu uns kommen und davon ausgehen, dass diese für alle Behandlungen automatisch gilt. In der Praxis müssen wir uns jedoch an die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Vorgaben der ÖGK für europäische Versicherungsfälle halten.
Für Patient:innen ist oft nicht sichtbar, dass im Hintergrund ein erheblicher bürokratischer Aufwand entsteht, damit die erbrachten Leistungen auch tatsächlich anerkannt und übernommen werden. Schon kleine Unstimmigkeiten im Ablauf können dazu führen, dass Leistungen nicht wie vorgesehen abgegolten werden. Deshalb achten wir sehr genau auf die Einhaltung der Vorgaben – nicht zuletzt, um eine verlässliche Versorgung sicherzustellen. Und selbstverständlich gilt: In einem echten Notfall hat die medizinische Hilfe immer Vorrang, die Bürokratie läuft dann im Hintergrund nach.